Seit dem Beginn der Finanzkrise hat sich manches getan. Ungedeckte Leerverkäufe – hochriskante Wetten auf fallende Kurse, die die Gefahr bergen, Teile des Finanzsystems zu destabilisieren – sind in Deutschland seit 2010 verboten.
Diese Geschäfte sind auch deshalb fragwürdig, weil Wetten auf Papiere abgeschlossen werden, die der Leerverkäufer selbst nicht besitzt.
Mit dem Finanzstabilitätsrat wurde eine internationale Organisation geschaffen, die das globale Finanzsystem überwacht. Auch ein Gesetzgebungsvorschlag für eine europäische Finanztransaktionssteuer liegt inzwischen vor. Trotzdem reichen die bisherigen Änderungen bei weitem nicht aus. Die Politik muss stärker gestaltend in die Finanzmärkte eingreifen. Nötig ist eine Rückführung der Banken auf eine der Realwirtschaft dienende Funktion. Großbanken müssen ihre Systemrelevanz verlieren.
Im Folgenden die Übersicht über Ursache und Verlauf der globalen Krise.
Ende 2006
Die Krise hat ihren Ursprung bereits am Anfang des letzten Jahrzehnts. Die US-Notenbank betreibt ab dem Jahr 2001 eine Politik der niedrigen Zinsen. Kredite sind über Jahre hinweg so günstig, dass sich Millionen US-Amerikaner den Traum vom eigenen Haus erfüllen – auch solche, die sich dies eigentlich nicht leisten können. Viele Häuser werden ohne jedes Eigenkapital finanziert. Die Nachfrage nach Immobilien explodiert – und mit ihr die Preise sowie deren Wert als Kreditsicherheit.
Ende 2006 bricht der US-Immobilienmarkt zusammen. Aufgrund steigender Zinsen können immer mehr Hausbesitzer die fälligen Geldforderungen der Banken nicht mehr begleichen, gleichzeitig sinken aufgrund der nunmehr rückläufigen Nachfrage die Immobilienpreise.
Das Problem scheint sich noch auf die USA zu konzentrieren.
Juni/Juli 2007
Im Sommer 2007 kommt es zu einer Hypothekenkrise, in deren Folge zahlreiche Hedgefonds geschlossen werden. Der Markt für Wertpapiere, die auf Immobiliendarlehen beruhen, erleidet Schiffbruch.
Juli/August 2007
Weil sich zahlreiche deutsche Banken am US-Hypothekenmarkt verspekuliert haben, ist nun auch die Bundesrepublik von der Immobilienkrise betroffen. Die Mittelstandsbank IKB muss Gelder in Millionenhöhe abschreiben und steht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Um eine mögliche Kettenreaktion für den deutschen Bankenmarkt abzuwenden, schnüren Bankenwirtschaft, Kreditanstalt für Wiederaufbau und Bund ein Paket zur Rettung des Kreditinstituts.
September 2007
Um den Banken kurzfristig Geld zur Verfügung stellen zu können senkt die US-Notenbank den Leitzins, auch die Europäische Zentralbank leitet zusätzliche Mittel in den Geldmarkt.
Oktober 2007 bis Januar 2008
Diverse Finanzunternehmen melden hohe Verluste.
Februar 2008
Der US-Kongress verabschiedet ein Konjunkturprogramm in Höhe von 150 Milliarden Dollar.
September 2008
- Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers löst eine Panikwelle auf den internationalen Finanzplätzen aus. Die Kreditinstitute leihen sich kaum noch Geld, der Kreditfluss kommt fast zum Erliegen. In der Folge gerät auch die Realwirtschaft in Mitleidenschaft.
- Nach der Pleite der größten US-Sparkasse Washington Mutual kündigt die US-Regierung ein Rettungspaket in Höhe von 700 Milliarden Dollar an.
- Goldman Sachs und Morgan Stanley verzichten nach massiven Gewinneinbrüchen auf ihren Sonderstatus als Investmentbank und werden zu gewöhnlichen Geschäftsbanken.
- In der Bundesrepublik schnüren Finanzaufsicht, Bund und Banken ein weiteres Rettungspaket, diesmal für den angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate. Zeitgleich übernehmen die Regierungen Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande für elf Milliarden Euro erhebliche Teile des strauchelnden Fortis-Konzerns, einem krisenbedingt vor der Pleite stehenden Verbund von Finanzdienstleistern.
Oktober 2008
- Hypo Real Estate benötigt mehr Geld als bislang angenommen. In der Folge ziehen die am Rettungspaket beteiligten Finanzinstitute ihre Zusagen zurück. Die Bundesregierung muss ihre Bürgschaft auf 50 Milliarden Euro erhöhen.
- Bundesfinanzminister Steinbrück garantiert der Bevölkerung die Sicherheit ihrer Spareinlagen.
- Das kurz vor dem Staatsbankrott stehende Island übernimmt die komplette Kontrolle über sein Bankgewerbe.
- Nach erheblichen Kursverlusten verständigen sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G7-Staaten auf einen gemeinsamen Plan zur Stärkung der internationalen Finanzmärkte.
- Die Bundesregierung beschließt ein bis zu 500 Milliarden Euro umfassendes Rettungspaket für den angeschlagenen Finanzsektor. Das Paket besteht aus zwei Elementen: Zum einen wird Eigenkapital gewährt, um die Banken zu stützen, zum anderen Hilfen, die Banken in Form von Garantien gewährt werden.
- Bundestag und Bundesrat verabschieden mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Das Gesetz enthält zahlreiche Einschränkungen, die Banken erfüllen müssen, wenn sie staatliche Hilfen in Anspruch nehmen wollen, um ihren Kapitalbedarf zu decken.
November 2008
- Die Bayerische Landesbank greift als erste Bank auf das Hilfspaket zu, es folgen Hypo Real Estate, Commerzbank und die HSH Nordbank.
- Die Bundesregierung beschließt ein umfassendes Konjunkturpaket.
- Die drohende Insolvenz von General Motors bringt Opel in ernsthafte Gefahr. Als erster deutscher Autohersteller fordert das Unternehmen Unterstützung von der Bundesregierung.
- Im Rahmen der Weltfinanzkrise beschließen die 20 wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer die internationalen Finanzmärkte neu zu ordnen und wirksamer zu überwachen.
Seit dieser Zeit ist die Krise in der Realwirtschaft angekommen.