Im Podiumsgespräch auf dem Kurswechselkongress diskutierten Rainer Dulger, Präsident von Gesamtmetall, Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall und Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND über die Themen soziale Gerechtigkeit, Verarmung, prekäre Beschäftigung sowie Steuergerechtigkeit. Hier eine Zusammenfassung der Fragen und Antworten:
Geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander?
Dulger: Reallöhne sind in der Metall- und Elektroindustrie gewachsen. Unsere Branche steht gut da. Ausbau des Niedriglohnsektors ist nicht Grundlage für Ungleichheiten. Niedriglohnsektor ist oft Einstieg in die Beschäftigung. Ich sehe einen positiven Trend, wir haben eine sinkende Arbeitslosigkeit.
Huber: Wir können das Problem nicht auf die Lohnfrage reduzieren. Die Fragmentierung des Arbeitsmarktes wie Professorin Jill Rubery es dargestellt hat, ist das Kernproblem. Immer weniger tarifgebundene, immer mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind Realität. Die Politik muss diese A-typischen Beschäftigungsverhältnisse korrigieren.
Weiger: Wir können die Nachhaltigkeit in unserem Lande und weltweit vergessen, wenn wir es nicht schaffen, soziale Gerechtigkeit durchzusetzen. Immer Menschen werden von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen.
Wie sollten die Steuern in Europa geregelt werden?
Huber: Wir brauchen eine Harmonisierung der Steuersätze in Europa.
Dulger: Die Unterschiede innerhalb Europas sind gar nicht mehr so groß, aber weltweit sieht das schon anders aus.
Weiger: Wir brauchen gemeinsame soziale Regeln.
Der Ressourcenverbrauch steigt trotz Energiewende immer weiter an. Was bedeutet das für die Chancen auf ein gutes Leben?
Weiger: Die Chancen werden immer geringer. Wir müssen klar definieren, was soll wachsen. Die Bereitschaft etwas zu verändern wird immer geringer, die Bereitschaft drüber zu reden, immer größer. Wir sind leider von einem qualitativem Wachstum, das auch der Umwelt nutzt, weit entfernt.
Huber: Die Diskussion über qualitatives Wachstum hat die IG Metall vor 40 Jahren in Oberhausen angezettelt. Die IG Metall war am Thema Emissionen von Anfang an beteiligt. Klar ist, das man die Emission soweit reduzieren muss, wie das technisch machbar ist und das muss man jedes Jahr neu überprüfen. Und jetzt müssen wir, die IG Metall, mitarbeiten an der Energiewende und das tun wir auch.
Dulger: Umweltschutz und Energiewende sind auch in unserer Industrie ein großes Thema. Hier entstehen gerade neue Produkte und Arbeitsplätze. Deutschland spielt weltweit in der Umwelttechnik eine entscheidende Rolle. Unsere Unternehmer haben ein großes Interesse daran, dass das Umweltbewusstsein weiter steigt. Aber hier muss man vor allem in den USA noch große, politische Überzeugungsarbeit leisten.
Wie wird die Welt im Jahr 2020 aussehen?
Weiger: Wenn wir den Weg der vergangenen Jahre weitergehen, dann ist nicht nur die Energiewende durchgesetzt, sondern dieser Weg hat uns auch stärker gemacht und ist Vorbild für viele andere Staaten. Und wir haben den Beweis, dass Ökologie und soziale Bewegungen sich erfolgreich zusammenschließen können.
Dulger: Hoffentlich wird die Welt im Jahr 2020 besser aussehen als heute. Es wird eine Verschiebung der Kräfte nach Osten geben. Aber es wir auch gerade im Bereich in der Umwelttechnologie viel Neues geben.
Huber: Es entstehen bis dahin im Energiesektor neue Arbeitsplätze, die nicht nur qualitativ sind, sondern auch tarifgebunden. Dort wo das nicht der Fall ist, bin ich bereit für solche Arbeitsplätze zusammen mit Herrn Weiger und dem BUND dafür zu sorgen, dass wir solche Arbeitsplätze gestalten.