Gibt es nach der Krise vor fünf Jahren eine Rückkehr zur Normalität? Die verheißene Erholung hat sich nicht eingestellt, sagt der US-Ökonom James Galbraith. Die wirtschaftliche Volatilität wird weiter gehen, da die Gründe für die Krise nicht behoben wurden. Galbraith erklärt in Berlin, was er der Politik rät.
Nach der Krise vor fünf Jahren gibt es keine Rückkehr zur Normalität, sagt der US-Ökonom James Galbraith. Und die, die das vorausgesagt haben, wurden nicht gehört. Die wirtschaftliche Volatilität wird weiter gehen, da die Gründe für die Krise nicht behoben wurden. „Wir hier müssen uns nun fragen, wie packen wir das an?“, fragt Galbraith die Teilnehmer der Kurswechselkongress in Berlin. Der Schuldenschnitt ist eine dumme Sache und wird das nicht ändern, kritisiert er die Bundesregierung.
Der 60-Jährige gilt als marktkritischer Querdenker und genießt große Bekanntheit. Er ist der Sohn des berühmten Ökonomen John Kenneth Galbraith.Europa steht vor neuen Verwerfungen, befürchtet der US-Ökonom James Galbraith. Er sieht eine wachsende Kluft in der EU und eine daraus resultierende massenhafte Armutsmigration. Denn nach Ansicht des Ökonomen hat Europa die Krise keineswegs überwunden, sondern die Gemeinschaft steht vor neuen Herausforderungen. "Die Eurokrise wird zu einer großen Ungleichheit innerhalb Europas führen", warnt der Professor, der an der University of Texas in Austin unterrichtet. Die aktuelle Strategie des Sparens wird in einen Kollaps der Länder führen, die am wirtschaftlichen Rand der europäischen Union stehen. Galbraith fordert eine stärkere Harmonisierung und mehr Solidarität innerhalb der Währungsunion.
Lob für Europa-Papier der IG Metall
Die Schulden in Europa müssen umstrukturiert werden, fordert Galbraith weiter. Das was der Vorstand der IG Metall in seinem Europa-Papier dazu sagt, zeige gute Instrumente auf, lobt er. „Das ist ein hervorragendes Dokument.“ Der Amerikaner schlägt zwei ergänzende Punkte vor: „Eine gemeinsame europäische Pensionsunion wäre eine gute Sache. Das würde die Rentenstandards in ganz Europa angleichen." Galbraith hält auch einen europäischen Mindestlohn für notwendig und sinnvoll.
„Die Krise führt zu einem dramatischen Anstieg der Ungleichheit innerhalb Europas. Einzelne Volkswirtschaften werden zerstört durch die derzeitige Strategie, die einzig auf Sparprogramme ausgerichtet ist.“ Die Folge: eine noch dramatischer steigende Arbeitslosigkeit und eine massive Migration innerhalb Europas, sagt der Ökonom. „Wer glaubt, man könne den sozialen Konsequenzen entkommen, der irrt sich gewaltig."
Radikale Maßnahmen
Galbraith schlägt radikale Maßnahmen vor, die auch gestern in Berlin der amerikanische Ökonom Nouriel Roubini Papier forderte: „Wir brauchen vor allem drei Dinge: Gemeinsame europäische Anleihen, eine kraftvolle Investmentinitiative, zum Beispiel über die Europäische Investitionsbank (EIB), sowie eine Europäisierung der Finanzregulierung."
Der Weg aus der Euro-Krise? Weg vom marktradikalen Denken und Offenheit für ganz neue Ansätze, betonte Galbraith.
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