Politische Sekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes (ETUC)
Judith Kirton-Darling ist politische Sekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes (ETUC), der 60 Millionen Industriearbeiter in 35 Ländern Europas vertritt. Ihre These: Die Verantwortlichen haben aus der Finanzkrise nichts gelernt; stattdessen geraten Einkommen und Arbeitnehmerrechte unter Druck. Gegenwehr sei dringend nötig.
Kirton-Darling beobachtet erschreckende politische Entwicklungen: Nach der Lehman-Pleite habe sich der Neoliberalismus schnell wieder seiner selbst versichert, sagt die Gewerkschafterin. Die neoliberalen Akteure hätten keine Skrupel gezeigt und rasch einen politischen Schwung nach rechts zustande gebracht. Die Krise sei genutzt worden, um die Deregulierung weiter voranzutreiben.
Die Folge: Löhne und Renten auf dem gesamten Kontinent seien unter Druck geraten; angeblich sei dieser Verzicht nötig, um Wachstum anzufachen. „Aber Wachstum wird nicht durch sinkende Löhne entstehen“, sagt Kirton Darling. „Unsere politischen Führer haben einen kollektiven Selbstmordpakt unterschrieben.“
Auf die Krise folgte eine Umverteilung zugunsten der Wohlhabenden. „Seit die Spekulanten von der Leine gelassen wurden, verbreitet sich die Ungleichheit quer über Europa “ sagt Kirton-Darling, „Ungleichheit bei den Einkommen, beim Wohlstand, bei der Bildung; hart erkämpfte Rechte werden mit Füßen getreten.“ In vielen Ländern seien Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechte unter Druck. In Ländern wie zum Beispiel Ungarn werde das Streikrecht beschnitten. „Als internationale Arbeitnehmerbewegung stehen wir vor der Herausforderung, unsere fundamentalen Rechte zu verteidigen.“
Die Gewerkschafterin sieht aber auch ermutigende Trends: Die Gegenwehr habe begonnen. Überall in Europa habe es große Demonstrationen gegeben, die Verlierer der Krise schlössen sich zusammen – und das, fordert Kirton-Darling, sei auch dringend nötig. Ein Beispiel sei die Bewegung der „Indignados“ (deutsch: „die Empörten“) in Spanien. Sie haben sich mit den Gewerkschaften zusammengetan. Nur gemeinsam könne man die Angriffe abwehren.
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Video mit einer Rede von Judith Kirton-Darling zur Krise in Europa