Die IG Metall will eine Neuordnung des Arbeitsmarkts. Arbeit muss wieder einen Wert haben. Arbeit muss sicher und fair sein. Und vor allem: Für alle Beschäftigten müssen gleiche Rechte gelten. Weiterlesen
Berthold Hubers Abschlussrede auf dem Kurswechsel-Kongress
Der Erste Vorsitzende der IG Metall Berthold Huber fasst zum Abschluss des Kurswechsel-Kongresses seine Eindrücke von der Debatte zusammen und zieht Schlüsse für das Handeln der IG Metall.
Zum Nachlesen:
Berliner Erklärung: Sichere Arbeit und ökologischer Wandel
"Wir werden die Politik daran messen, ob sie den Kurswechsel in Wirtschaft und Gesellschaft mit Investitionsoffensiven, sicheren Arbeitsbedingungen und ökologischem Denken umsetzt", kündigte Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, heute in Berlin an.
Weltweite Megatrends bestimmen heute die Arbeits- und Lebenssituation der Menschen. Obwohl die Situation in Brasilien, Spanien, Nigeria, Pakistan und in Deutschland unterschiedlich ist - die Probleme müssen gemeinsam angegangen und bewältigt werden. Das geht nur mit einem grundlegenden Politikwechsel, stellte Berthold Huber, der Erste Vorsitzende der IG Metall, am Freitag in Berlin fest. Dort ging der dreitägige internationale Kongress der IG Metall "Kurswechsel für ein Gutes Leben" zu Ende.
Quo vadis Normalarbeitsverhältnis? Für eine Neuordnung des Arbeitsmarktes
Das "klassische" Normalarbeitsverhältnis steht unter Druck. Prekäre und schlecht bezahlte Arbeit beschädigen die Grundpfeiler der Arbeitsmarktordnung. Zeit für eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Wie die aussehen kann und welchen Beitrag Gewerkschaften dazu leisten können, darüber diskutierten die Teilnehmer des Kurswechsel-Kongresses im Forum „Zukunft der Arbeitsgesellschaft“.
Hat das Normalarbeitsverhältnis eine Zukunft? Mit dieser Frage eröffnete Gerhard Bosch das Forum. Der Arbeitsmarktexperte von der Universität Duisburg-Essen kommt zu dem Schluss, dass es ein ganzes Bündel an Maßnahmen braucht, um den aus den Fugen geratenen Arbeitsmarkt neu zu ordnen.
Arbeit muss sich an den Menschen orientieren
Prekäre Beschäftigungen nehmen zu, die Anwesenheitskultur verfestigt sich, die Märkte üben nach unten massiven Druck aus - "gute Arbeit" wird zu einer Art Volkstraum. Zwar wird das Thema in den Medien heiß diskutiert, doch es ist mehr nötig, damit die Probleme des Individuums wieder zählen.
Unter anderem der DGB hat Beschäftigte befragt, wie es aus ihrer Sicht um die Arbeitsqualität bestellt ist. Die Ergebnisse dieser repräsentativen Befragung zeigen, dass den Menschen unter dem Druck der Märkte immer mehr abverlangt wird. Oft mehr als sie aushalten können. Parallel steigt die Unsicherheit durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse.
Lebenschancen und Verteilungsgerechtigkeit
Mehr als die Hälfte junger einkommensschwacher Menschen sehen keine Chance für einen sozialen Aufstieg. Das hat im November 2012 das Allensbach-Institut herausgefunden. Hoffnung und Zuversicht signalisiert eine solche Aussage nicht. Dieses Umfrageergebnis zeigt hingegen, wie dramatisch schlecht junge Menschen ihre Zukunft einschätzen. Das ist nur eine der Folgen der Einkommensentwicklung in Deutschland. Verteilungsgerechtigkeit und Lebenschancen waren ein Thema auf dem IG Metall-Kongress.
Die Schere zwischen Arm und Reich schließt sich wieder, das meldete vor wenigen Tagen das DIW. Doch diese positive Meldung muss in Kürze wieder relativiert werden. Denn tatsächlich sind die Unterschiede zwischen oben und unten, zwischen arm und reich im letzten Jahrzehnt größer geworden.
Dulger, Huber und Weiger diskutieren über das "gute Leben"
Im Podiumsgespräch auf dem Kurswechselkongress diskutierten Rainer Dulger, Präsident von Gesamtmetall, Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall und Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND über die Themen soziale Gerechtigkeit, Verarmung, prekäre Beschäftigung sowie Steuergerechtigkeit. Hier eine Zusammenfassung der Fragen und Antworten:
Der Staat muss sich wieder stärker in die Sozialpolitik einmischen
Jill Rubery, Professorin an der Universität Manchester, fordert in Berlin anlässlich des Kurswechselkongress einen aktiven, investierenden Sozialstaat.
Die komplexen Strukturen auf den Arbeitsmärkten wie auch die komplizierten Familienstrukturen machten dies dringend erforderlich. Nur so könne man der jungen Generation künftig eine Chance bieten.
"Wir brauchen mehr vom Sozialen in den europäischen Sozialstrukturen", erklärte die Wissenschaftlerin.
Karikatur zu guter Arbeit
Die Verdichtung der Arbeit hat viele Beschäftigte an die Grenzen ihrer Leistungs- und Motivationsfähigkeit geführt. Fehlende Beschäftigungs- und Einkommenssicherheit, geringe Entwicklungschancen und wenig Teilhabemöglichkeiten tun ihr Übriges. Dagegen setzen Gewerkschaften ihre Strategie der "guten Arbeit".
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Mehr Lohngerechtigkeit mit Mindestlohn
Der vor 13 Jahren eingeführte Mindestlohn in Großbritannien hat sich nicht auf die Arbeitsplätze ausgewirkt, erklärt Lionel Fulton vom gewerkschaftsnahen Labour Research Department in London. Er habe geholfen, die "Lohndiskriminierung" bestimmter Gruppen zu beenden.
Die britischen Erfahrungen mit dem Mindestlohn seien überwiegend positiv, konstatiert Fulton. Selbst das konservative Lager akzeptiere ihn mittlerweile.
Derzeit beträgt der flächendeckende britische Mindestlohn sieben Euro pro Stunde. Ohne Abwertung des britischen Pfunds käme er auf 8,88 Euro und wäre damit vergleichbar mit den Mindestlöhnen in den anderen westeuropäischen Ländern.
Mit Arbeitszeitverkürzung aus der Krise
Arbeitszeitverkürzung trägt dazu bei, Arbeitslosigkeit, prekäre und schlechte Jobs zurückzudrängen und gute Arbeit für alle zu ermöglichen, erklärt Steffen Lehndorff. Der Arbeitsmarkt- und Arbeitszeitforscher plädiert dafür, mit der „perversen Logik“ zu brechen, die Beschäftigung von der Rentabilität abhängig macht und die Richtung umzukehren: „Welche nützlichen Arbeitsplätze für welche sozialen Bedürfnisse?“
Denn, so Lehndorff, eine verkürzte Arbeitszeit gebe der freien Zeit Vorrang und fixiere sich nicht auf Produktion und Konsum. Damit entstünden neue Konsum- und Lebensweisen. Die Menschen nehmen am Leben der Stadt teil und ermöglichen es somit, die umweltpolitischen und sozialen Herausforderungen zu meistern. Weiterlesen