Energiewende contra Jobs? Das ist keine Frage. Ein Ausbau erneuerbarer Energien wird in vielen Bereichen Arbeitsplätze schaffen. Bis zu einer Million Menschen könnten bis zum Jahr 2030 in den grünen Branchen Arbeit finden. Das haben Experten ausgerechnet.
Dass die Atomkraft als Brückentechnologie ungeeignet ist, ist spätestens seit der Atomkatastrophe von Fukushima klar. Auch wenn Stromkonzerne und Atom-Lobbyisten unverdrossen das Gegenteil behaupten. Klar ist: Fukushima hat den längst überfälligen ökologischen Wandel beschleunigt. Umsteigen auf erneuerbare Energien ist nicht nur aus ökologischer Gründen notwendig. Es bringt auch Jobs. Allein in den letzten sechs Jahren hat sich die Beschäftigung bundesweit in den grünen Branchen mehr als verdoppelt.
Damit zu rechnen ist, dass kurzfristig bis zu 100 000 neue Jobs geschaffen werden. Bis zum Jahr 2030 könnte diese Zahl um weitere 600 000 ansteigen. Das hat das Deutsche Institut der Wirtschaft (DIW) bereits im Jahr 2010 berechnet. Nach Fukushima und der dadurch ausgelösten Diskussion über die Energiewende werden diese Prognosen immer realistischer.
Viele dieser neuen Arbeitsplätze werden bei den Herstellern von Solar- und Windkraftanlagen entstehen. Doch auch in der Müllverarbeitung, beim Recycling und in der Wasseraufbereitung wird es zusätzliche Jobs geben. Damit die erzeugten Energien auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden, muss zudem das Stromnetz ausgebaut werden. Denn der Windstrom von der Küste muss in die übrigen Regionen Deutschlands geleitet werden. Dafür sind neue Speicher und Netze ebenso wie Masten und Leitungen notwendig. Das bringt Arbeitsplätze in den Stahlunternehmen, bei den Leitungs-, Seil- und Isolatorenherstellern.
Ein weiterer Jobmotor ist die energetische Gebäudesanierung. Hier kann nicht nur Energie gespart und das Klima geschont werden. Von den rund 18 Millionen Gebäuden in Deutschland müssen etwa zwölf Millionen saniert werden. Fenster und Heizkessel müssen ausgetauscht, Wände gedämmt werden. Nach Angabe des KfW wurden darüber allein im letzten Jahr rund 340 000 Arbeitsplätze gesichert.
Damit der Umstieg auf die erneuerbaren Energien gelingt, muss jedoch die Politik den nun begonnen Weg konsequent weiter gehen. Bis Mitte Juni läuft noch das von der Bundesregierung verhängte Atommoratorium. Dann erst soll über die Zukunft der 17 deutschen Atomkraftwerke entschieden werden. Dass keines der AKW einem Flugzeugabsturz oder einem Terroranschlag standhalten könnte - das ist nach dem Sicherheitsscheck bereits in der letzten Woche bekannt geworden. Ende der Woche will die von der Bundesregierung eingesetzte Ethikkommission ihre Empfehlungen vorlegen. Spätestens dann muss die Regierung den Kurswechsel in Sachen Atomkraft einläuten. Wichtige Industriebereiche müssen ökologisch umgebaut werden. Als Übergangslösung dienen auch effiziente Gas- und Kohlekraftwerke.
Eine Energiewende geht jedoch nicht ohne faire Arbeitsbedingungen in den grünen Branchen, Mitbestimmung und eine tarifliche Entlohnung. Zudem darf der Wandel nicht auf dem Rücken der in den Atomkraftwerken Beschäftigten umgesetzt werden. Sie werden auch weiterhin für den Rückbau der Kernkraftwerke gebraucht. Die IG Metall wird sich auch weiterhin für sie einsetzen.
Die IG Metall fordert, dass
- die beschlossene Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke zurückgenommen wird,
- der im Jahr 2000 zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und den Energiekonzernen vereinbarte Atomkonsens wieder zur Grundlage für einen geplanten Ausstieg bis 2020 gemacht wird,
- die vorübergehend abgeschalteten Atommeiler nicht wieder ans Netz gehen,
- die benötigte Energie aus einem Energiemix ohne Atomkraft gewonnen wird,
- ein nachhaltiges Mobilitätssystem entwickelt wird,
- Produkte und Prozesse energie- und materialeffizienter werden.